Arzneipflanze des Jahres 2018

Der Andorn – Marrubium vulgare

Mit dem Gemeinen Andorn wird im Jahr 2018 einer Pflanze besondere Aufmerksamkeit geschenkt, die scheinbar in Vergessenheit geraten ist. Doch das war nicht immer so: Das Lippenblütler-Gewächs war von der Antike bis weit in die Neuzeit eine geschätzte und verbreitete Heilpflanze. Das Kraut des Andorns wurde vor allem bei Lungen- und Bronchialerkrankungen, zur Schleimlösung bei Husten aber auch bei Verdauungsbeschwerden eingesetzt. Der auch unter dem Namen Paracelsus bekannte Universalgelehrte und Arzt Theophrastus Bombast von Hohenheim (1493-1541) bezeichnete den Andorn als „Arznei der Lunge“.

Die etwa 60 cm hohe ausdauernde Pflanze stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Sie wächst an Wegrändern ebenso wie auf kargen Schuttplätzen. In ihrem Aussehen erinnert der Andorn an Melisse oder Ackerminze. Die Blätter sind jedoch rundlicher und unterseits filzig behaart. Aus den dichtgedrängten kleinen weißen Blüten bilden sich von Juni bis August fast kugelförmige Scheinquirle. Die Pflanzen sehen nicht nur hübsch aus sondern sind, neben ihrer Verwendung als Heilmittel, eine gute Bienenweide – auch in Natur- und Kräutergärten.

Wichtige Wirkmittel des Andornkrauts sind die darin enthaltenen Bitterstoffe. Da der menschliche Körper nicht nur im Mund- und Rachenraum sondern auch auf den glatten Muskelzellen des Bronchialsystems Rezeptoren für die Bitterstoffe hat, erklärt sich die Verwendung des Heilkrautes zur Schleimlösung bei erkältungsbedingtem Husten. Die Bitterstoffe fördern den Auswurf von Sekret aus den Bronchien.

Auch bei Verdauungsbeschwerden wird das Heilkraut angewandt. Dem Andorn wird eine sogenannte choleretische und verdauungsfördernde Wirkung zugesprochen. Das bedeutet, dass von der Leber mehr Gallensäfte ausgeschüttet werden, die Nahrung besser aufgespalten und somit verdaut werden kann. Die Substanz Marrubiin (Bitterstoff) regt zudem die Magensäurebildung an und kurbelt die Magen-Darm-Tätigkeit an. Andorn kann als pflanzliches Mittel bei Gallenbeschwerden helfen, aber auch Blähungen, Völlegefühl und Appetitlosigkeit lindern. Mitunter wird der Andorn auch als leichtes Abführmittel eingesetzt.

Darüber hinaus gibt es erste Forschungshinweise, dass der Pflanzenwirkstoff Marrubiin die Gefäße erweitern und Schmerzen stillen kann.

Die mehr als 2000 Jahre alte Heilpflanze wurde früher in größerem Maßstab auch bei uns angebaut, nicht nur in den Klostergärten. Die zu Unrecht in Vergessenheit geratene Pflanze kann als Tee oder frisch gepresster Saft zubereitet oder einfach als Bienenfutter im Garten gehegt werden.

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